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Vorlage an den EuGH: Ist das Abzugsverbot für Auslandsspenden europarechtswidrig?

Nach der kürzlich verabschiedeten Reform zum Gemeinnützigkeitsrecht (Zustimmung Bundesrat am 21.09.2007) bleibt es gesetzlich bei dem Ansatz, dass Spenden lediglich dann abzugsfähig sind, wenn sie an gemeinnützige Körperschaften im Inland erfolgen. Mit dem nachfolgenden Vorlagebeschluss will der BFH durch den EuGH klären lassen, ob diese Inlandsbeschränkung europarechtskonform ist. (BFH, Beschluss v. 09.05.2007 - XI R 56/05)

EG Art. 56, Art. 58 Abs. 1 Buchstabe a; RL 77/799/EWG; EStG § 10b Abs. 1; EStDV § 49; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9 und Abs. 2 Nr. 2

Problematik

Der Steuerpflichtige begehrte in seiner ESt-Erklärung 2003 eine an ein portugiesisches gemeinnütziges Seniorenheim geleistete Sachspende als Sonderausgabe abzuziehen. Das FA und das FG Münster (Urteil v. 28.10.2005 - 11 K 2505/05 E, EFG 2006 S. 357) versagten den Sonderausgabenabzug.

Entscheidung

Der BFH entschied zunächst, dass die Entscheidung des FG Münster nach deutschem Recht nicht zu beanstanden ist. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG i.V.m. § 49 EStDV dürfen die Zuwendungen nur abgezogen werden, wenn der Empfänger eine inländische Körperschaft ist. Allerdings muss durch die Vorlage an den EuGH geklärt werden, ob das deutsche Recht insoweit europarechtswidrig ist. Deshalb legt er dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

  1. Werden vom Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EG) Sachspenden des Angehörigen eines Mitgliedstaats in Form von Gegenständen des täglichen Gebrauchs an Einrichtungen, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben und die nach dem Recht ihres Mitgliedstaates als gemeinnützig anerkannt sind, umfasst?

  2. Falls die Frage zu 1. bejaht wird: Widerspricht es - unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Finanzbehörde zur Verifikation von Erklärungen des Steuerpflichtigen und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Art. 5 Satz 3 EG) - der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EG), wenn nach dem Recht eines Mitgliedstaats Spenden an gemeinnützige Einrichtungen nur dann steuerbegünstigt sind, wenn Letztere in diesem Mitgliedstaat ansässig sind?

  3. Falls die Frage zu 2. bejaht wird: Begründet die RL 77/799/EWG eine Pflicht der Finanzbehörde eines Mitgliedstaats, zur Aufklärung eines Sachverhalts, der in einem anderen Mitgliedstaat verwirklicht wurde, die Hilfe des anderen Mitgliedstaats in Anspruch zu nehmen, oder kann der Steuerpflichtige darauf verwiesen werden, dass er nach dem Verfahrensrecht seines Mitgliedstaats bei Auslandssachverhalten die Feststellungslast (objektive Beweislast) trägt?

Der BFH selber sieht in den genannten Regelungen keinen Europarechtsverstoß. Die Finanzbehörden sind verfassungsrechtlich dazu verpflichtet, die Angaben des Steuerpflichtigen zu verifizieren, damit kein Vollzugsdefizit entsteht (Art. 3 Abs. 1 GG). Selbst wenn in einzelnen Fällen durch die Amtshilfe aufgeklärt werden könnte, ob der Empfänger der Spende nach deutschem Recht gemeinnützig ist, so ist der Aufwand, insbesondere bei Kleinspenden, jedoch unverhältnismäßig (Satzungen in ausländischer Sprache, keine Möglichkeiten einer Außenprüfung etc.). Insoweit liegt der Fall anders als bei der EuGH-Entscheidung in Sachen Stauffer (EuGH, Urteil v. 14.09.2006 - C 386/04, vgl. Bericht unter "Mehr zum Thema"), weil die gemeinnützige ausländische Körperschaft aufgrund ihrer beschränkten Steuerpflicht selber zur Aufklärung des Sachverhalts verpflichtet war.

Beratungskonsequenzen:

Sollte der EuGH in der Beschränkung des Spendenabzugs auf die deutschen Körperschaften einen Verstoß gegen das Europarecht (Kapitalverkehrsfreiheit) sehen, wären Spenden an ausländische Empfänger abzugsfähig. Es käme dann maßgeblich auf die weitere Frage an den EuGH an, ob der Steuerpflichtige die Gemeinnützigkeit des Empfängers darlegen muss oder ob das FA eigene Nachforschungspflichten hat. Dem Steuerpflichtigen wird der Nachweis, wenn überhaupt, nur mit sehr hohem Aufwand gelingen, so dass in den meisten Fällen trotz der grundsätzlichen Möglichkeit der steuerbegünstigten Spende an eine ausländische Körperschaft der Abzug verwehrt werden würde.

Für die noch offenen Veranlagungszeiträume ist zu prüfen, ob Spenden an im EU-Ausland ansässige Körperschaften bisher aufgrund der gesetzlichen Lage nicht geltend gemacht oder angegebene Spenden nicht anerkannt wurden. Ggf. ist der Spendenabzug nachträglich zu fordern und die Entscheidung des EuGH abzuwarten.

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